Vielfache Berichte und Stellungnahmen der letzten Jahre zeigen: Die Anzahl junger Menschen, die unter psychischen Problemen leiden, nimmt stetig zu. Der Klimawandel und seine Folgen, die Auswirkungen der Corona-Pandemie, globale Konflikte, Digitalisierung und wirtschaftliche Unsicherheiten wirken sich auf das psychische Wohlbefinden junger Menschen aus. 27 Prozent der Jugendlichen beschreiben ihre Lebensqualität als schlecht (Schülerbefragung der Bosch-Stiftung). Dabei zeigen sich immer auch große sozioökonomische Ungleichheiten. Petra Rattay (Robert Koch-Institut) betonte in ihrem Eingangsvortrag, dass Kinder aus Ein-Eltern-Familien und Familien mit geringem Einkommen besonders häufig von psychischen Belastungen betroffen sind. Entscheidend sei, die aktuell bestehende Kinderarmut von 15 bis 21 Prozent grundsätzlich zu verringern – nicht nur ihre Folgen. Laurette Rasch (Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe, AGJ) unterstrich den Bedarf, die Kinder- und Jugendhilfe stärker als Akteurin, die einen großen Einfluss auf Gesundheit nimmt, zu positionieren. Kinder und Jugendliche müssten in all ihren Lebenswelten erreicht werden – über Kita und Schule hinaus –, durch Beteiligung und Peer-to-Peer-Ansätze sowie durch kompetente Ansprechpersonen für gesundheitliche Themen an ihrer Seite. Angesichts der komplexen Herausforderungen und der fortbestehenden, sich sogar verschärfenden sozialen Ungleichheiten wird deutlich, dass auf allen Ebenen Handlungsbedarf besteht – sowohl hinsichtlich der strukturellen Förderung psychischer Gesundheit als auch bei deren praktischer Umsetzung. Eine ressortübergreifende Zusammenarbeit ist dabei unerlässlich: Von der kommunalen Ebene bis hin zu den Bundesländern gilt es, Transparenz zu schaffen, Synergien zu nutzen und den kontinuierlichen Austausch zu fördern. Gesundheitsförderung muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden und gestaltet werden, wobei den Bedingungen des Aufwachsens als Grundlage für eine resiliente und demokratische Gesellschaft besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Die konsequente Berücksichtigung der Kinderrechte und die größtmögliche Absicherung von Angeboten und Maßnahmen in diesem Bereich sind daher vorrangig. Dazu gehören z.B. eine flächendeckende Finanzierung von Schulgesundheitsfachkräften oder auch niederschwellige Sport- und Bewegungsangebote im Setting Schule. Besonders wichtig sei eine Politik, die zuhört, wie Quentin Gärtner, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, in der Abschlussdiskussion nachdrücklich unterstrich. Dr. Katharina Böhm, Geschäftsführerin der Hessischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung, hob hierzu das Kinder- und Jugendparlament der Stadt Offenbach am Main als positives Beispiel hervor: Hier wird die Stimme der Kinder und Jugendlichen von der Politik wirklich gehört – etwas, das Gärtner bei der aktuellen Bundesregierung schmerzlich vermisst und das gerade für die „Generation der Superdiversität“ von zentraler Bedeutung sei. Nur wenn Kinder und Jugendliche wirksam mitgestalten können und ihre Perspektiven in allen gesellschaftspolitischen Prozessen sichtbar werden, kann Gesundheitsförderung langfristig erfolgreich und gerecht gelingen. Jonathan Möller, Fachreferent der BARMER, betonte in diesem Zusammenhang, dass es dafür ein positives und zukunftsgerichtetes Bild von Prävention brauche. Anstatt auf alarmierende Gesundheitsdaten mit dem Abbau von Strukturen zu reagieren, müsse Politik sie als Aufforderung verstehen, wirksame Unterstützungsnetzwerke zu schaffen, tragfähige Allianzen zu bilden und entschlossen für mehr gesellschaftliche Widerstandskraft einzutreten, fasste Stefan Pospiech (Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V.) die Forderungen an die Politik zusammen. Der Fachtag zeigt: Um nachhaltige Veränderungen zu bewirken, braucht es einen entschlossenen Schulterschluss aller beteiligten Akteur*innen aus Wissenschaft, Praxis und Politik. Die vollständige Pressemitteilung sowie die Dokumentation zur Veranstaltung finden sich auf der Website des Kooperationsverbundes unter www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/kooperationsverbund/kooperationstreffen/23-kooperationstreffen/. |